Von Tomas Niederberghaus
Sie tritt nicht ein, sie tritt auf. Kaum hat sie die Eingangstür zum Foyer des Atlantis by Giardino passiert, sind alle ein bisschen durcheinander. Die Angestellten genauso wie die Gäste. Sie ist blond wie Marylin, trägt ein mitternachtblaues Kleid, das ihre Kurven eng umschlingt. Ihre Augen scheinen zu lachen, ihr Mund, ach! Gerade ist sie vom Urlaub aus Sizilien zurück. Im Restaurant Hide & Seek platzt es auch schon aus ihr raus: «Wir haben die Trucker-Fähre genommen. Die Leute waren irre nett. Aber kannst Du Dir 24 Stunden auf einer Trucker-Fähre vorstellen?« Sie erzählt, wie sie mit Flip Flops und Klamotten geduscht und sich nicht getraut hat, irgendwas zu berühren. «Teppichboden in einer Trucker-Fähre. Was kann da alles drin sein?», sagt sie. Und der Urlaub? «Fantastisch!»
Dianne Brill. Ehemalige Muse von Andy Warhol. Model von Thierry Mugler, Vivienne Westwood und Jean Paul Gaultier. Autorin des Buches «Boobs, boys und high heels» (Möpse, Jungs und hohe Absätze). Alter: unbekannt. Sternzeichen: Widder. In den 80er und 90er Jahren war sie in Manhattan die «Königin der Nacht», vom New Yorker bis zur New York Times haben alle über die Karriere des girls aus Tampa (Florida) berichtet. Historische Frage vorweg: «Hast Du mit Andy Warhol zum Frühstück schon mal Eier gegessen?» – «Ich mag keine Eier, aber gefrühstückt habe ich mit Andy öfter.» Sie ist gerne mit ihm um die Häuser gezogen. Doch in der Nacht haben sie nicht viel gesprochen. «Er sagte immer nur ‚Oh Jesus’ oder ‚great’. Tagsüber in seiner factory haben wir uns natürlich mit Vielem auseinandergesetzt. Andy war wichtig für die Kunst. Er hat uns gezeigt, Dinge zu sehen und zu hinterfragen.» Sie deutet nun auf die weisse Säule im Hide & Seek. Schau, sagt sie, die Säule ist irre hübsch. Aber wir müssen realisieren, warum sie hübsch ist.» Die Bedienung kommt an den Tisch und breitet einen Fächer mit einem vielfältigen Frühstückangebot aus. Dianne Brill ist seit ihrem 19. Lebensjahr Vegetarierin. Oh my good, sagt sie, ayurvedischer Aprikosenkompott mit Mandeln und Zimt, sounds perfect! Dazu ein Cappuccino. Sie raucht nicht. Trinkt nicht. Nimmt keine Drogen. Das war schon immer so. «Aber Kaffee», sagt sie, «da muss ich aufpassen, davon könnte ich abhängig sein».
Du liebes bisschen. Wenn sie von ihren Begegnungen mit Schauspiel Jack Nicholson erzählt («beim ersten Mal stiess ich jemanden an, der ihm Rotwein auf sein Jackett schüttete, beim zweiten Mal kippte ich Champagner auf Jacks Schuh und beim dritten Mal lief ich für Jean Paul Gaultier, rutschte aus und fiel von der Bühne fast auf ihn drauf»), dann kapiert man nicht nur, in welchen Kreisen sie verkehrte und es zum Teil noch immer tut, sondern auch, dass Herr Nicholson nicht ihr Freund wurde («Jack brachte mich durcheinander, aber nicht, weil ich auf ihn stand, im Gegenteil…»).
Anders Keith Haring. Mit ihm war sie eng befreundet. War Zeugin seiner grossen, aber kurzen Karriere als Künstler. Haring starb 1990 an den Folgen von Aids. «Ich vermisse Keith sehr», sagt sie. In manchen Momenten wie erst kürzlich am Strand von Sizilien habe sie wieder intensiv an ihn gedacht. Und auf Sizilien ist ihr auch etwas Merkwürdiges aufgefallen: «Särge wurden im Schaufenster wie Kleider präsentiert, weiss, hochglanz, mit goldenen Beschlägen. Eine Faszination, die ich nicht verstehe!» Jetzt eine heikle Frage: «Gab es auch Enttäuschungen während Deiner New Yorker Karriere?» Enttäuschung, sagt sie, sei ein heftiges Wort. «Ich habe mein Geld damals hart verdient. Ich kaufte in London Klamotten aus den 40er und 50er Jahre und verkaufte sie in New York für teures Geld. Ich entwarf Bühnenkostüme für Bands wie Duran Duran oder Mick Jagger. Es war eine Zeit, in der jeder jeden ermutigte, irgendetwas zu tun. Jeder versuchte sich in Kunst, Musik oder Mode. Wir waren Teil einer Zeit, in der fabulous wirklich geschätzt wurde. Und ich war die Königin. Meine Kunst ist Glamour». Irgendwann jedoch kam ein Innehalten. Da habe sie sich gefragt, wie es weitergehen soll.
Und ziemlich exakt zu diesem Zeitpunkt tauchte ihr heutiger Ehemann auf, mit dem «Liebe, Sex und Romantik» zusammengingen. Die beiden haben drei Kinder und leben in Zürich. Inzwischen hat sie eine eigene Kosmetiklinie («Meine vitaminreichen Primer schützen vor Verglühen wie Astronautenanzüge») und einen Youtube-Blog (The Brill of it all), in dem sie Künstler und andere spannende Typen vorstellt. Wie ihr Zürich gefällt? «Ich liebe die Stadt, sie ist kreativ und die Leute sind nett. Sie lieben Harmonie, und das kommt mir als peace-makerin natürlich sehr entgegen. Aber zwischendurch muss ich immer wieder nach Manhatten. Dort spüre ich Heimat.» Natürlich geht sie zuweilen noch aus. Wer sie zu später Stunde in Zürich trifft, etwa in der Bar des Hide & Seek, der Bar Zukunft oder dem Plaza Klub, der kapiert sofort, was ein Auftritt bedeutet. «Ein Auftritt», sagt sie, «ist immer ein Neuanfang».
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